Grapefruitkernextrakt – Betrug oder Wundermittel?
Es liest sich im Internet recht wunderbar und auch viele YouTube Videos preisen die überragenden Eigenschaften des Grapefruitkernextraktes (GKE) als Wundermittel gegen allerlei Zipperlein an. So soll es zum Beispiel gegen Bakterien, Viren und Pilze wirken und zwar sowohl innerlich, als auch äußerlich.
Die einen schwören auf die Einnahme bei ersten Erkältungsanzeichen. Die nahende Erkältung würde “wie im Nu” wieder verschwinden. Andere berichten über große Erfolge bei (Candida) Pilzinfektionen. Hier könne man das Mittel innerlich und äußerlich gut anwenden.
Was steckt nun hinter diesem Mittelchen? Eine Studie untersuchte die Wirksamkeit von 6 GKE Produkten, darunter auch die 2 namhaftesten. Das Ergebnis war jedoch ziemlich ernüchternd. Hatten doch zunächst 5 der 6 Produkte eine gewisse Wirkung auf die Testkulturen gezeigt, stellte sich später heraus, dass genau diese 5 Produkte bestimmte Konservierungsmittel (z.B. Benzethoniumchlorid) enthielten, welches sich als genau die Zutat herausstellte, die für die antibiotischen Eigenschaften des GKE verantwortlich sein dürfte. Das 6. Mittel im Test – ganz ohne Konservierungsstoff – zeigte keinerlei Wirkung auf die Testkulturen.
Da ein solcher Test natürlich wieder viele Kritiker hervorruft, die verschiedene Mängel an diesem Test kritisierten und sogar die “Pharmalobby” bezichtigte, diese Studie gekauft zu haben, steht es nun Aussage gegen Aussage bei beiden Lagern.
Grund genug für mich, es selber einmal auszuprobieren!
Zunächst besorgte ich mir ein Mittel, welches im Internet vorwiegend positive Kritiken erhalten hatte. Ich achtete auch darauf, dass (zumindest Herstellerseitig versprochen) keine Konservierungsmittel á la Benzethoniumchlorid enthalten sind. Dann startete ich meinen Selbstversuch.
Gleich zu Anfang nahm ich die empfohlene Dosis von 3 x 15 Tropfen pro Tag ein. Das Ergebnis: Ein plötzlicher Durchfall aus heiterem Himmel – kurz nach der dritten Einnahme. Eine kurze Recherche im Internet brachte mich hier weiter: Es solle sich dabei um eine sog. “Heilkrise” handeln, also quasi durch den massenhaften Tod zahlloser Keime und Viren ausgelöster Entgiftungsprozess meines Körpers. Ergo: Nicht gleich die volle Dosis des GKE einnehmen, sondern täglich steigern.
Gesagt, getan. Also begann ich erneut – zunächst mit 3 x 5 Tropfen, immer in einem Glas Wasser, oder mit dem Saft einer frisch gepressten Orange zusammen, die bitteren Tropfen einzunehmen. Am besten zu einer Mahlzeit. Nach wenigen Tagen war ich bei der empfohlenen Dosis von 3 x 15 Tropfen angelangt.
Was merkte ich aber nun? Eigentlich merkte ich nichts. Das könnte nun ein positives, aber auch ein negatives Ergebnis sein. Ich möchte gern, dass es positiv ist, denn schließlich bin ich ja nicht krank geworden in diesen 3 Wochen. Um mich herum gab es unzählige Schnupfnasen und auch eine Noro Virus -Welle, doch bislang blieb ich davon verschont. Zufall?
Um der Sache etwas mehr Evidenz zu geben, beschloss ich, ein Experiment zu starten. Laut Hersteller und gewissen YouTube Videos, wirkt GKE teilweise sogar zur Desinfektion gegen MRSA (multiresistente Keime, Krankenhauskeime) eingesetzt. Es sollte doch also mit einem einfachen Experiment auf Bakterien oder andere Kulturen herauszufinden sein, ob es eine Wirkung gibt, oder nicht.
Das Experiment:
Ich besorgte mir zunächst 10 sterile Petrischalen. Diese bestückte ich mit einer selbst hergestellten Agar Agar Nährlösung, nach folgendem Rezept:
Für die ersten 5 Plättchen stellte ich die Nährlösung aus Brühepulver, ein wenig Hunde -Trockenfutter und einer Messerspitze Traubenzucker, gelöst in kochendem Wasser her, in das dann ein halber TL Agar Agar Pulver aufgelöst und aufgekocht wurde.
Nach dem selben Prinzip stellte ich für die anderen 5 Petrischalten eine Lösung aus Kartoffelstärke und Traubenzucker her. Diese Lösung färbte ich mit Lebensmittelfarbe noch rosa ein, um einen deutlicheren Unterschied (auch für die Video Dokumentation) zu schaffen.
Weil ich so oder so keine sterilen Bedingungen schaffen könnte, beschloss ich, einfach einen bunten Strauß aus allerlei Haushaltskeimen zu sammeln und damit die Nährböden zu kontaminieren – Hauptsache möglichst gleichmäßig, um einen späteren Vergleich zu ermöglichen.
Mit Wattestäbchen, die mit Leitungswasser befeuchtet wurden, nahm ich Proben u.A. von mehreren Handy Displays, einer Toilette und Toilettenbürste, Türklinken, einer Schimmelkultur und von meiner Haut.
Diese unterschiedlichen Wattestäbchen gab ich zusammen in ein wenig lauwarmem Leitungswasser und ließ sich alles zusammen gut eine Stunde vermischen.
Mit je einem frischen Wattestäbchen pro Kultur übertrug ich nun die kontaminierte Lösung auf jedes einzelne Nährmedium, so dass jede Petrischale in etwa die Selbe Kontamination aufweisen dürfte.
Die Petrischalen wurden nummeriert (1-5) und dann nach folgendem Schema behandelt:
Nr. 1: Referenzschälchen, nur mit Leitungswasser besprüht.
Nr. 2: 15 Tropfen GKE auf 150ml Leitungswasser
Nr. 3: ca. 65-70 Tropfen GKE auf 70ml Leitungswasser
Nr. 4: jeweils einen halbierten Grapefruitkern und ein Häufchen gehackter Grapefruitkern (und Teile der weißen Haut)
Nr. 5: wurde mit Haushalts -Desinfektionsmittel besprüht
Obige Behandlung führte ich parallel auf beiden Nährmedien durch.
Die Petrischalen packte ich (jeweils die 5 zusammengehörigen) in einen Plastikbeutel und stellte die Pakete so in die Nähe einer Heizung, wo sie ständig Temperaturen um 30°C ausgesetzt sein würden.
Schon am 2. Tag nach dem Ansatz war ein gewisser “Geruch” im Raum mit den Petrischalen wahrnehmbar…
Folgendes Ergebnis war nach 2 Tagen zu sehen:
Nährmedium (rosa) – Kartoffelstärke
Auf dem zweiten Nährmedium (Brühe) war außer dem Geruch noch nichts Wesentliches zu beobachten.
Weitere zwei Tage später (zu sehen im Video Teil 2) sah es noch fast genau so aus. Anhand der obigen Bilder könnte man sicherlich als Experte ein paar Schlüsse ziehen. Falls Sie zu dieser Gruppe Experten gehören, dürfen Sie hier natürlich gern einen Kommentar hinterlassen.
Meine Beobachtungen und ein Versuch der Interpretation:
Auf dem ersten Petrischälchen hat sich auf dem Nährboden vollflächig eine feucht -schleimige Schicht gebildet. Darunter sind nur wenige weiße Erhebungen (Bakterienstämme?) zu erkennen. Vermutlich überlagerd das, was diesen Schleim verursacht, alle weiteren Keime.
Von allen 5 Schälchen ist Nummer 2 diejenige, mit dem geringsten Wachstum von dem alles überwucherndem Pilzgeflecht. Dafür zeigen sich zahlreiche unterschiedliche Kulturen.
Auf Nummer 3 sind deutlich weniger weiße Knubbel zu erkennen und der weiße Pilzteppich überwiegt (ähnlich wie bei Nr. 5, mit dem Desinfektionsmittel).
Bei Nr. 4 – dem Plättchen mit dem halben Grapefruit Kern und den Kernstückchen – überwiegt auch hauptsächlich der Pilz und es wachsen nur wenige Bakterien.
Anscheinend gibt es tatsächlich einen deutlichen Unterschied zwischen den einzelnen Plättchen. Ich hatte mir jedoch ein – auch für Laien besser erkennbar – deutlicheres Ergebnis erhofft.
Ich werde hier weitere Erkenntnisse veröffentlichen, sobald ich welche habe!
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